Zugehörigkeit – Wo kann ich sie (nicht) erleben und warum?

Zugehörigkeit oder dazugehören – was bedeutet das eigentlich? Für mich gibt es jedenfalls viele verschiedene Einflüsse, die mich alle geprägt haben. Hier schreibe ich über einige von ihnen, meinen Zeitverlauf der Zugehörigkeit und wie mir das Thema auf Reisen begegnet.


Puh, als ich die Blogparade „Warum es mir so schwerfällt, dazuzugehören“ von Iris entdeckt habe, musste ich schon etwas schlucken. Einerseits ist Zugehörigkeit ein super spannendes Thema, andererseits auch schwere Kost. Spontan fallen mir nämlich direkt Ausgrenzung, Mobbing oder Einsamkeit ein, also echt nur diese im Allgemeinen negativ assoziierten Begriffe…

Interessant ist schon der Originaltitel der Blogparade, oder? Er suggeriert, dass ein Zugehörigkeitsgefühl etwas Seltenes wäre: Warum ist es so, dass wir uns (alle) nicht zugehörig fühlen?

Mich macht es traurig, dass diese Annahme offensichtlich auf die Mehrheit der Gesellschaft zutrifft. Auf mich aber auch! Das wird mir schon allein durch die oben genannten Schlagworte klar. Würde ich mich immer und uneingeschränkt zugehörig fühlen, wären Begriffe wie Willkommenskultur, Gemeinschaft oder Miteinander wohl eher präsent.

Und weil wir nicht nur ein Reiseblog mit schönen Geschichten sind, sondern Euch auch auf unsere innere Reise mitnehmen, schreibe ich heute über Zugehörigkeit:

*** Wenn ihr mehr über uns erfahren möchtet, empfehlen wir Euch unsere Dankbarkeitschallenge, unsere Gedanken über vier Jahren auf Reisen oder unsere neuen Beiträge über uns.***

Meine persönliche Geschichte der Zugehörigkeit

Früher in meiner Kindheit habe ich mich zugehörig gefühlt, wenn ich mit meinem Fußballteam Wochenende für Wochenende gemeinsam um Siege gekämpft habe. Später im Teenageralter bildeten sich dann verschiedene Gruppen in der Schule. Da musste ich mich entscheiden, ob und wenn ja zu welcher Gruppe ich gehören möchte. Im Studium sank die Bedeutung der Zugehörigkeit zu einzelnen Gruppen wieder deutlich. Der Austausch mit den Studenten meines Studienganges war zwar da. Aber es gab so viele Schnittstellen zu anderen Studiengängen, dass das Thema Gruppenzugehörigkeit eher von untergeordneter Bedeutung war. Für mich waren aber sowohl das Studium als auch der folgende erste Job mit einem Gefühl verbunden, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht zuordnen konnte.

Das Thema der Blogparade hat mich zur Selbstreflexion in diesem Bereich inspiriert und ja, vielleicht war es einfach ein Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit. Irgendein Anteil von mir hat gespürt, dass er nicht zu dem bislang gewählten Lebensweg gehört. Zugehörigkeit habe ich dann wieder gespürt, als ich nach Hamburg gezogen bin. Die Willkommenskultur und Weltoffenheit hat es mir sehr leicht gemacht, erstmals aus dem Westen Deutschlands wegzuziehen. So wohl habe ich mich zuvor in keiner Stadt gefühlt.

Weltreise Hamburg Zugehörigkeit
Ich genieße die Willkommenskultur an meinem neuen Wohnort – und fühle mich zugehörig (Alster, Hamburg)

Kulturelle und gesellschaftliche Einflüsse

Jetzt wird es herausfordernd für mich und ein guter Test… Noch vor kurzer Zeit hätte ich mich in diese Themen sehr hineinsteigern können. Also versuche ich es völlig wertfrei und mit all meinen Erfahrungen aus den letzten Reisejahren zu formulieren.

Meine Wahrnehmung ist, dass in Deutschland ein Schubladendenken vorhanden ist, so lange ich mich erinnern kann. Das finde ich auch nachvollziehbar und in der Vergangenheit hat es auch mir geholfen, Struktur im Alltag zu haben.

In den letzten Jahren, in denen ich verstärkt von außen auf Deutschland blicke, hat sich die Anzahl der Schubladen gefühlt sehr drastisch reduziert. Scheinbar gibt es nur noch schwarz und weiß oder gut und böse, Gegner und Befürworter. Man wird so schnell in eine Schublade gesteckt, dass man teilweise nicht einmal mehr von anderen Menschen gehört wird. Vielmehr wird man als „nicht richtig im Kopf“ angesehen.

Diese gesellschaftliche Entwicklung ist ein Punkt, der mich sehr traurig macht. Außerdem empfinde ich ihn auch als sehr gefährlich. In meiner Wahrnehmung geht es immer mehr ins Extreme. Das Mittelmaß, das die Gesellschaft vielleicht auch irgendwo verbindet, geht immer weiter verloren. Ein Tipp von meiner oder unserer Seite ist übrigens an dieser Stelle eine drastische Reduzierung des Nachrichtenkonsums. Uns hat es sehr geholfen, aus diesem Hamsterrad auszusteigen und mehr zu uns zu finden. Bereits in unseren Erfahrungen nach einem Jahr Weltreise hatten wir dazu etwas geschrieben.

In diesen neuen, extremen Schubladen kann und will ich mich überhaupt nicht verorten. Dann gehöre ich lieber nicht „dazu“ und damit fühle ich mich sogar besser. Schwer fällt es mir jedoch, diese gesellschaftlichen Entwicklungen so zu akzeptieren. Aber da hilft mir meine innere Reise sehr.

Schwarz-weiß oder schwarz und weiß? (Serengeti, Tansania)

Mein Gefühl der Zugehörigkeit auf Reisen

Wir sind seit Anfang 2020 für unbestimmte Zeit auf Weltreise und haben keinen festen Wohnsitz. Das ist teilweise wirklich Freiheit für mich. Aber unser System ist auf Menschen wie uns nicht ausgelegt, weshalb ich mich auch schon manchmal ausgeschlossen fühle.

Habt ihr Euch schon einmal gefragt, wie ihr irgendwelche Formulare ausfüllen könnt ohne einen festen Wohnsitz? Vor Ort kann man dies oft noch irgendwie regeln, online sind Addressangaben aber häufig Pflichtfelder. Einen Schritt weiter kommen dann Fragen wie „wie kann ich ein Konto eröffnen“, „wo kann ich einen Reisepass beantragen“ und so weiter. Viel Beharrlichkeit, Durchhaltevermögen und Überzeugungsarbeit ist da gefragt, da wir in wirklich keine Schublade passen (wer da eine Lösung kennt – her damit!).

Der positive Aspekte ist für mich der Austausch mit anderen Reisenden in Hostelküchen, am Lagerfeuer oder derzeit im Vanlife auf irgendwelchen Stellplätzen. Ähnliche Themen und Erfahrungen sorgen für ein Gefühl der Zugehörigkeit zu dieser „Welt der Reisenden“ bei mir, insbesondere wenn das Mindset ähnlich ist.

Weltreise Hostel El Salvador
Zugehörigkeit auf Reisen erlebe ich super einfach in Hostels (Santa Ana, El Salvador)

Wie ich meinen Fokus ausrichte und Zugehörigkeit erlebe

Mit großer Dankbarkeit blicke ich auf die letzten Jahre zurück, in denen die Bedeutung von Zugehörigkeit im Außen für mich stark abgenommen hat. Gerade durch meine persönliche Entwicklung und die vielen Erfahrungen in anderen Ländern, steht mein Innen viel mehr im Vordergrund.

Heute würde ich den Begriff Zugehörigkeit wahrscheinlich sogar mit Verbundenheit ersetzen. Dies geht für mich viel tiefer und fühlt sich einfach stimmiger an.

In unbewussten Momenten kommt bei mir öfters noch Wut auf und ich frage mich „Was ist da eigentlich los?“. Wir haben so einen wundervollen Planeten und der Mensch an sich ist so ein friedliches und offenes Wesen und wir machen es uns so schwer… Damit meine ich eigentlich jedes Thema, setze wahlweise unser Miteinander, gesellschaftliche Entwicklungen, Politik oder Nachhaltigkeit ein.

Dann hilft es mir, den Fokus auf mich zu richten und ruhig und bewusst zu atmen. So komme ich wieder zurück ins Bewusstsein und in die Verbindung mit mir selbst. Das ist für mich der alles entscheidende Faktor für ein zufriedenes und erfülltes Leben.

Aus diesem Zustand heraus ist es mir außerdem möglich, auch in die Verbindung zu Jenny und meiner Tochter, und weiter ins Außen zu kommen. Dann fühle ich mich dem ganzen Leben verbunden. Und das ist ein schönes Gefühl. Ehrlicherweise muss ich aber gestehen, dass die Momente, in denen ich dies fühle, gerne noch mehr werden dürfen.


Eine Blogparade ermöglicht auch immer, die Gedanken anderer zu sehen und weitere Inspirationen zu bekommen. Bei Iris findet ihr zahlreiche andere Beiträge. Sehr interessant fand ich beispielsweise:

  • Eva hat in ihrem Beitrag die Begriffe Verbundenheit und Zugehörigkeit miteinander verknüpft. Ich kann unter anderem ihre Ausführungen zur Verbundenheit mit der Natur so gut nachvollziehen.
  • Die Verbundenheit zur Natur ist auch bei Franziskas Beitrag ein wichtiges Thema. Mit viel Liebe zur Sprache geschrieben, ist der Beitrag erfrischend anders und definitiv lesenswert.
  • „Die Welt ist per du, kommt ins Gespräch und akzeptiert es, wenn jemanden nicht zum Reden zumute ist.“ Das ist Angelas Empfindung. In ihrem Beitrag gibt es noch viele Ausführungen, die ich lesenswert finde.

Über das Thema Zugehörigkeit könnte ich noch viel mehr schreiben. Aber jetzt interessiert mich erstmal, was ihr über dieses Thema denkt und wann oder zu was oder wem ihr Euch zugehörig fühlt. Lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen. Viele Grüße, Thomas

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6 Kommentare

  1. Lieber Thomas,
    es ist spannend: Du bist schon der zweite, bei dem ich im Blogparadensommer 24 etwas über Hamburg lese. Diese Stadt ist wirklich etwas Besonderes 🙂 Ich selbst wohne ja nur im Umland und ich erlebe sie auch so offen und bunt.

    Deine Gedanken zu Schubladen kann ich nachfühlen. Etwas mehr Entspannung könnten wir uns als Gesellschaft sicher leisten. Und Formulare sind schon gruselig für mich, obwohl ich eine feste Adresse habe.

    Ich sehe es auch so, dass Zugehörigkeit, oder auch Verbundenheit, in mir selbst anfangen muss. Ansonsten verliere ich mich in dem Bemühen, so zu sein, dass ich möglichst in eine dieser kleinen Schubladen passe. Da freue ich mich sehr, von deiner Verbundenheit mit dem Leben zu lesen 🙂

    Danke fürs Teilen!

    Liebe Grüße
    Angela

    1. Hallo Angela,

      sehr gut! Du bist das zweite Mal auf unserem Blog gelandet: Jenny hatte auch schon über Hamburg geschrieben! Wir beide mögen die Stadt wirklich sehr und können gut verstehen, dass es dir auch so geht.

      Hihi… Die Formulare 🙂 Ohne Worte…

      Wenn wir irgendwann die Schublade aufmachen „Ich bin mit mir selbst und allem was ist verbunden“, dann brauchen wir auch nur noch eine Schublade für alle 🙂 Und keiner muss sich für irgendetwas bemühen oder verbiegen! Auch eine schöne Vorstellung eigentlich.

      Danke für’s Teilen deiner Meinung und alles Gute für dich! Thomas

  2. Lieber Thomas,

    vielen Dank für Deinen tollen Artikel. Als Frau mit 2 Pässen, die 8 Jahre in anderen Kulturen gelebt hat, weiß ich genau, wovon Du schreibst. Ich finde Deine Gedanken zu „Verbundenheit“ wunderschön. Denn das befreit ja komplett von irgendwelchen Strukturen, oder Boxen, die andere für einen machen. Es ist etwas Persönliches und selbst gewähltes.

    Ganz herzliche Grüße, derzeit aus Peru,
    Iris

    1. Hallo Iris,
      herzlich willkommen und vielen Dank für dein interessantes Feedback! Wow, acht Jahre!? Jetzt würde ich natürlich gerne mehr erfahren. Ich finde es immer wieder faszinierend, was ich aus anderen Kulturen alles lernen kann.
      Ja, genau diese individuelle Wahl der Zugehörigkeit oder Verbundenheit meine ich. Ich mag den Gedanken auch sehr.
      Viele Grüße nach Peru und alles Gute für dich
      Thomas

  3. Hallo Thomas,
    vielen Dank für die persönlichen Einblicke.
    Wie schön, dass du mich angeschrieben hast, so kam ich dazu, deinen Artikel zu lesen!
    Insgesamt fasziniert mich eure Weltreise!
    Bin neugierig, ob ihr auch Erfahrungen mit Frachtschiffreisen habt.

    Liebe Grüße von Franziska

    1. Hallo Franziska,
      herzlich willkommen bei weitglücklich! Du bist gerne eingeladen, dich umzugucken! Unsere Frachtschifferfahrung beschränkt sich bisher noch auf eine abenteuerliche Überfahrt in Nicaragua auf die Corn Islands! Allerdings haben wir diese noch nicht verbloggt.
      Was hast du denn vor?
      Alles Gute und viele Grüße Thomas

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